veröffentlicht am 30. Dezember 2022
Baumaterialien im Wandel der Zeit
Von Holzhütten...
... bis zum Haus aus dem 3D-Drucker.
Im Laufe der Menschheitsentwicklung hat sich auch die Art und Weise des Bauens verändert. Das Errichten von festen Behausungen kam erst auf, als die Menschen sesshaft wurden und von Höhlen und Zelten in Hütten und Häuser zogen. Lange Zeit wurde als Baumaterial das verwendet, was die Natur anbot: Holz, behauene Steine oder Lehm für die Wände und Schilf für die Dachbedeckung. Vor rund 5.000 Jahren gelang es den Menschen erstmals, in Holzkohleöfen aus Ton Ziegelsteine zu brennen – ein Baustoff, der haltbarer und stabiler als die bisherigen Lehmziegel.
So lange es im Vergleich zu heute viel weniger Menschen gab und die industrielle Baustoffherstellung noch nicht existierte, war das Bauen nachhaltig: Man verwendete die Naturbaustoffe, die in der näheren Umgebung zu finden waren, und aufgrund der geringen Bevölkerungsdichte war der Ressourcenverbrauch nur gering.
Erst mit der Industrialisierung im späten 18. und 19. Jahrhundert begann die Massenproduktion von energieintensiven Baustoffen. Mit Kohle oder Erdgas befeuerte Ziegelwerke brannten millionenfach Backsteine, und mit der Erfindung des Stahlbetons im Jahr 1867 begannen Hochhäuser und bald schon Wolkenkratzer in den Himmel zu wachsen. Aufgrund des hohen Bedarfs an fossilen Brennstoffen bei der industriellen Herstellung von Ziegeln und Beton können diese Baustoffe hingegen nicht mehr als nachhaltig bezeichnet werden.
Steigende Rohstoff- und Energiekosten und das Bedürfnis nach mehr Nachhaltigkeit beim Bauen haben das Innovationstempo in der Bauwirtschaft beschleunigt. Viele Bauherren setzen heute auf Fertighäuser, die zeit- und ressourcensparend in Holzbauweise vorgefertigt und innerhalb weniger Tage montiert werden können. Selbst der 3D-Druck hat in der Baubranche mittlerweile Einzug gehalten: In ersten Pilotprojekten wurden Wohnhäuser aus Spezialbeton in einem digitalen Materialdruckverfahren innerhalb weniger Tage Schicht für Schicht von einer 3D-Druckmaschine vor Ort gebaut.
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Ein Vergleich: Welche Materialien nutzt man in Deutschland und im Ausland?
Laut dem Statistischen Bundesamt ist der Tonziegel der beliebteste Baustoff in Deutschland. Im Jahr 2021 war Ziegel bei rund 30 % der neu genehmigten Wohngebäude der überwiegend verwendete Baustoff. Danach folgen Holz mit einem Anteil von 21 % und Porenbeton mit 20 %. Biobaustoffe wie Hanfbeton und Lehmbaustoffe spielen aktuell noch eine weniger bedeutende Rolle.
Während hierzulande immer noch mineralische Baumaterialien dominieren, gilt beispielweise in Skandinavien der Holzbau praktisch als Standard bei der Errichtung von Ein- und Zweifamilienhäusern. Auch in den USA und Kanada ist die Holzständerbauweise weit verbreitet. In Afrika hingegen hat die Lehmarchitektur eine lange Tradition.
Warum werden herkömmliche Baumaterialien immer teurer?
Hinzu kommt, dass seit dem Beginn der Corona-Pandemie und dem Ukrainekrieg der globale Handel nicht mehr so reibungslos funktioniert wie in früheren Zeiten. Da viele Bauprodukte importiert werden, wirken sich steigende Transportkosten und die Diversifizierung auf mehrere Lieferanten am Ende auch für den Bauherrn auf die Preise aus.
Nachhaltige Baustoffe – wozu?
Die Verwendung nachhaltiger Baustoffe ist aus mehreren Gründen sinnvoll:
- Durch den sparsamen Umgang mit fossilen Rohstoffen werden Ressourcen geschont,
- der geringere Energieaufwand bei der Herstellung verbessert die Klimabilanz des Gebäudes und
- natürliche Baustoffe sorgen meist für ein ausgeglichenes und angenehmes Raumklima im Haus.
Finanzielle Vorteile kann die Verwendung nachhaltiger Baustoffe in Form staatlicher Zuschüsse bringen, denn Bauherren können beim nachhaltigen Bauen KfW-Fördermittel erhalten. Dies lässt sich beispielweise durch eine Zertifizierung des Gebäudes nach den Kriterien der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) nachweisen.
Check: Welche Baumaterialien sind nachhaltig?
Um die Nachhaltigkeit eines Baustoffs zu ermitteln, ist eine ganzheitliche Ökobilanzierung erforderlich. Diese reicht von der Verfügbarkeit der Rohstoffe über den Energieverbrauch bei der Herstellung bis hin zu Dämmeigenschaften, Lebensdauer und der späteren Recyclingfähigkeit.
Beton
Aufgrund des hohen Energiebedarfs beim Brennen des Zements und der Herstellung der häufig erforderlichen Stahlarmierung sowie der schlechten Wärmedämmung galt Beton lange Zeit als Klimakiller. Maßnahmen wie die Senkung des Zementanteils oder eine Erhöhung der Recyclingquote können die Nachhaltigkeit verbessern. Für den Beton spricht die Langlebigkeit und Stabilität.
Beton
Ziegel
Auch bei der Herstellung von Ziegelsteinen wird viel Energie benötigt. Durch optimierte Herstellung kann der Materialbedarf reduziert und gleichzeitig die Wärmedämmung optimiert werden, so dass beim Hausbau weniger zusätzliche Dämmstoffe notwendig sind. Für den Ziegel spricht hingegen die lange Lebensdauer.
Ziegel
Holz
Das Holzhaus gilt als nachhaltig, denn Holz ist ein nachwachsender Rohstoff und lässt sich mit geringem Energieaufwand bearbeiten. Voraussetzung ist jedoch, dass das verwendete Holz aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern stammt und nicht mit Giften für die Schädlingsbekämpfung belastet ist.
Holz
Hanf als Baustoff
Die schnell wachsende Hanfpflanze zählt zu den besonders vielseitigen Biobaustoffen. Die Fasern sind nicht nur in Naturdämmstoffen zu finden, sondern können auch in Kombination mit anderen Materialien als Verbundbaustoffe zu Hanfziegeln oder -steinen verarbeitet werden. Mehr Wissenswertes hierzu erfahren Sie im Beitrag zum Bauen mit Hanf.
Hanf als Baustoff
Ökologische Farben und Lacke
Außen- und Innenanstriche sollen nicht nur gut aussehen, sondern auch die Bausubstanz vor eindringender Feuchtigkeit schützen. Ökologische Produkte sind nicht nur frei von Lösemitteln, sondern enthalten auch möglichst wenig erdölbasierte Bestandteile. Stattdessen kommen mineralische und pflanzliche Grundstoffe zum Einsatz.
Ökologische Farben und Lacke
Nachhaltige Dämmstoffe
Konventionelle Baustoffe wie Hartschaum oder Mineralwolle haben einen ungünstigen ökologischen Fußabdruck, weil für die Herstellung viel Energie benötigt wird oder die spätere Entsorgung problematisch ist. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an alternativen Naturdämmstoffen. Die Bandbreite reicht von der Einblasdämmung mit Zellulose bis hin zu Kork, Stroh oder Holzfaserdämmstoffen.
Nachhaltige Dämmstoffe
Materialien für den Boden
Auch beim Innenausbau spielen Ökologie und Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle – nicht zuletzt auch deshalb, weil sich ökologische Materialien positiv auf die Wohngesundheit auswirken. Weit vorne im Nachhaltigkeits-Ranking finden sich Bodenbeläge aus Kork oder Massivholzböden, aber auch Teppichböden aus Naturtextilien haben gute Nachhaltigkeitseigenschaften.
Materialien für den Boden
Überblick: Wie nachhaltig sind einzelne Baustoffe?
Mauerwerk
Baustoff | Positiv für die Ökobilanz | Negativ für die Ökobilanz |
Beton | - lange Lebensdauer - teilweise recyclingfähig | schlechte Wärmedämmung hoher Primärenergiegehalt durch energieintensive Produktion |
Ziegelsteine | - lange Lebensdauer - gute Wärmedämmung bei entsprechendem Aufbau | hoher Primärenergiegehalt durch energieintensive Produktion |
Porenbeton | - lange Lebensdauer - gute Wärmedämmung | hoher Primärenergiegehalt durch energieintensive Produktion |
Holz | - nachwachsender Rohstoff - geringer Energieverbrauch bei der Produktion | Umweltschäden bei Verwendung von Holz aus nicht nachhaltiger Forstwirtschaft |
Verbundbaustoffe | je nach Aufbau gute Wärmedämmung | nicht nachhaltige Produktion oft nicht recyclingfähig |
Dämmstoffe
Baustoff | Positiv für die Ökobilanz | Negativ für die Ökobilanz |
erdölbasierte Dämmung, z.B. Polystyrol | gute bis sehr gute Dämmeigenschaften | - nicht nachhaltige Produktion - problematische Entsorgung - Freisetzung von Giftstoffen im Brandfall |
Mineral- und Glaswolle | gute bis sehr gute Dämmeigenschaften | hoher Primärenergiegehalt durch energieintensive Produktion |
Dämmstoffe auf Holz- und Zellulosebasis | nachwachsende Rohstoffe | Umweltschäden bei Verwendung von Holz aus nicht nachhaltiger Forstwirtschaft |
Hanf und Stroh | nachwachsende Rohstoffe | keine ökologischen Nachteile, aber häufig Mehrkosten bei Kauf und Verarbeitung |
Ökologisch Bauen: Welche Aspekte gehören außerdem dazu?
Zum nachhaltigen Bauen zählt nicht allein die Auswahl umweltfreundlicher Baustoffe. Auch der Energie- und Ressourcenverbrauch über den gesamten Lebenszyklus, die Architektur und die Umweltwirkungen des Gebäudes gilt es mit einzubeziehen. Bedeutsam sind dabei unter anderem die folgenden Aspekte:
- Flächenverbrauch: Ein nachhaltiges Haus sollte pro Bewohner so wenig Grundfläche wie möglich verbrauchen. Eine Reduzierung der Flächenversiegelung ist auch auf indirekte Weise möglich, etwa indem Wohngebäude Gründächer erhalten, die durch verzögerten Regenabfluss die Kanalisation entlasten.
- Transportwege: Wer vorrangig auf regionale Baustoffe und Handwerker setzt, kann die mit dem Hausbau verbundenen Transportwege verkürzen und trägt damit indirekt zur Energieeinsparung bei.
- Flexible Architektur: Schon bei der Planung sollten Bauherren überlegen, wie sich das Eigenheim bei Bedarf an neue Lebensumstände anpassen lässt – etwa durch die Aufteilung in zwei einzelne Wohnungen, wenn die Kinder ausgezogen sind. Auch das zählt zur Nachhaltigkeit, weil sich damit aufwändige und mit viel Bauschutt verbundene Umbauarbeiten vermeiden lassen.